Sonntag, September 19, 2010

den attersee-blues beim reisen erleben, dann aber doch die bewegung unter segel und die gastronomie geniessen

schon die vorzeichen bedeuten: alarm, murphy's law! bei der fahrscheinkontrolle im railjet, der mich zu beinahe noch nachtschlafener stunde von feldkirch richtung salzburg trägt, ist der schaffner mit dem gezeigten ticket nicht restlos zufrieden. irgendwie verständlich, wenn man bedenkt, dass es sich nur um die quittung für die kreditkartentransaktion handelt, mit der ich das ticket am automaten am bahnhof feldkirch bezahlt habe. allerdings ist das gewiss das einzige stückchen papier, das ich aus dem automaten gezogen habe --- und ich könnte schwören, dass da auch nichts weiter im ausgabefach lag. ein anruf des schaffners in feldkirch bringt kein anderes ergebnis: kein verwaistes ticket im automaten, aber - so die öbb-logik - ein anderer fahrgast könnte ja das ticket entnommen und kurzerhand statt nach röthis, rankweil oder riedenburg lieber richtung salzburg gefahren sein. es kommt, wie es kommt und zu erwarten war: ein neues ticket muss her, obwohl ich beweisen kann, dass ich den entsprechenden preis heute schon einmal gezahlt habe. zumindest notiert der schaffner in fein säuberlicher schrift und samt meiner passnummer den sachverhalt am nun scheinbar hinfälligen kreditkartenbeleg, damit ich vielleicht "am schalter" noch etwas ausrichten kann. florianiprinzip à la öbb.

nun gut, zumindest die verspätung ins salzburg hält sich so weit im rahmen, dass stefan, mit dem das segelwochenende am attersee geplant ist, noch nicht völlig ungehalten ist, obwohl er inmitten der bahnhofsbaustelle einen illegalen parkplatz zu verteidigen hat. fein, dass die nächsten aktionen problemlos funktionieren, immerhin hat stefan in mattsee noch einen historischen ford escort rs abzuholen und auf dem anhänger herumzutransportieren, ehe wir uns beim hotel attersee in seewalchen auf einem stellplatz einparken können, der auch wieder eine problemlose ausfahrt mit dem pick-up truck-anhänger-gespann ermöglichen sollte.

das hotel attersee gehört zu jenen unterkünften, bei denen man den tourismusverantwortlichen sagen möchte: empfehlt es lieber keinem gast, der an internationale 4-stern-standards gewöhnt ist (und diese für den bezahlten preis auch erwartet), sowie an keinen gast, der ein zimmer allein belegt. doppelzimmer zur einzelbelegung (statt abgewohnte mini-einzelzimmer) sind schon erfunden. ratet zudem von der nachsaison ab und führt ein symposium zur entwicklung der oberösterreichischen tourismuswirtschaft im spannungsfeld zwischen investitionsdruck, kreditbelastung und wurschtigkeit durch.

wie auch immer, denkt sich der kurzaufenthalter, wir sind ja nicht zur hochzeitsreise, sondern nur für eine nacht zur freundschafts-reunion und zum segeln hier --- und da wird es auszuhalten sein. aber das ungünstige preis-leistungs-verhältnis schmerzt trotzdem. dafür mundet das feine mittagessen auf der sonnigen seeterrasse umso mehr, während draussen am attersee beschauliche flaute herrscht. aber wir sind ja nur zum segeln hier ...

spazieren und flanieren sind als unfreiwillige alternative zu einer flautenschieberei angesagt und das gespräch mit dem langostinos-besitzer, den wir an der sonst leeren promenade vor seinem lokal treffen, lässt einen doppelten hoffnungsschimmer aufkeimen: für das segeln, weil er kurzerhand einen bootsvermieter anruft, den wetterbericht mit ihm durchgeht und für den nächsten tag ein auslaufen bei leichtem wind in aussicht stellt. und für das abendessen in seinem restaurant, als er uns seine ideen für ein menü zwischen saibling und wildsau auseinandersetzt.

bis es aber so weit ist, suchen wir uns andere kulinarische tröster. mittlerweile geht der gelernte attersee-nachsaison-gast auf nummer sicher und wir klappern die bereits lobend erwähnten lokalitäten druckerhof und grablerhof ab. in der gemütlichen stube im grablerhof lässt sich bei most auch leichter verschmerzen, dass es wettertechnisch zuzieht und der optimismus für einen sonntags-wind wieder risse bekommt. irgendwie logisch, dass die sauna im hotel attersee, die wir zum zwecke der vorbereitung auf ein gelungenes abendessen aufsuchen wollen, erst einmal technische chefbehandlung braucht, weil ein schutzschalter gefallen ist. nach der sauna also zum langostinos, aber dort herrscht ebensolche finsternis wie zuvor in der sauna: der wirt hat einfach zugesperrt. es bleibt anzunehmen, dass wir beide die einzigen gäste an diesem off-season-abend gewesen wären, und da schien es dem gastronomiekünstler wohl nur billig, den edelstahl in der küche nicht anzupatzen. das kulinarium attersee, dem sich das langostinos angeschlossen hat, bläst den blues. über den schlechten ersatz in einer pizzeria, deren name gnadenhalber unerwähnt bleiben soll, hüllen wir den mantel des schweigens und des vergessens. bezeichnend, dass stefan nach einem fehlversuch beim wein schliesslich bier bestellt, "weil man dabei kaum noch etwas falsch machen kann."

zumindest die einheimischen werden sich doch trotz der nachsaison in einem lokal wie dem 'liehmann' treffen, oder? wieder fehlanzeige. also lieber zurück ins hotel, denn dort konnten wir zuvor eine hochzeitsgesellschaft entdecken und da wird es wahrscheinlich an der bar schon lustig zugehen. die hochzeitsgesellschaft erweist sich jedoch als offensichtlich streng religiöse kleine gruppe, die sogar der wirtin die stimmungs-sorgenfalten auf die stirn zeichnet. nicht bloss wegen der schwach ausgeprägten umsatzkurve sondern wahrscheinlich auch aus mitgefühl mit einem brautpaar, das um mitternacht von den letzten gästen verlassen wird und das hotel mit zwei übel gelaunten, verhinderten seglern teilen muss.

sonne am sonntag vertreibt einige der sorgen, jedoch lässt die gewissenhafte überprüfung der wesentlichen indikatoren keine grosse hoffnung für die sportliche betätigung am wasser aufkommen. selbst am parkplatz beim yachtservice gebetsroither herrscht absolute windstille, aber am steg, an dem die yngling auf uns wartet, bekommt unsere stimmung ob des lüfterls aufwind. was will man(-n) sich beschweren: der wind trägt uns hinaus auf den see und hinüber nach weyregg, wo wir vor aichhorns post am landungssteg festmachen, voller freude und erleichterung zum frühschoppen ein seiterl geniessen und beschliessen, dass der attersee doch schön ist. auch in der nachsaison. dieses bild verstärkt sich durch ein ausgezeichnetes mittagessen im sonnigen gastgarten des landgasthofs ragginger in nussdorf. trotz der angeschlossenen metzgerei entschliessen wir uns, den verpassten fisch vom vorabend nachzuholen und die kleinen seesaiblinge, welche die freundlichste junge kellnerin dies- und jenseits der ager serviert, lassen jeden blues vergessen. als ob der see sich mit uns versöhnen möchte, schickt er für den tapferen yngling ausreichend wind für die strecke zurück richtung litzlberg und mit dem letzten 'schnauf' beenden wir beim anlanden ein rückblickend gesehen natürlich grossartiges segelwochenende. auf wiedersehen im nächsten jahr am bodensee. vielleicht etwas früher in der saison.

nachtrag: die 40-minütige verspätung bei der rückfahrt mit dem "snailjet" nach feldkirch konnte dem gesamteindruck auch nichts mehr anhaben und der fahrpreis für das nie gesehene ticket wurde zurückerstattet. abzüglich bearbeitungsgebühr.
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