Sonntag, Oktober 09, 2011

kollektiv reisen und eine prise süden geniessen


blaue stunde am domplatz
Originally uploaded by herwig.daemon.
wenn das hotel dellago in melide uns noch nicht will ("nur frühstück für hausgäste" --- aber ich war früher schon gast?!?), dann kommt der cappuccino eben von der bar vis-à-vis an die parkbank mit ebenso schöner aussicht an der uferpromenade. dazu betörend duftende und schmeckende amaretti von der bäckerei nebenan und die vormittägliche kaffeepause mit freunden bei der gemeinsamen ausflugsfahrt nach oberitalien ist gerettet.

hinterher ein kurzer spaziergang durch morcote und prompt macht sich ein kleines hüngerchen bemerkbar, welches wir auf der anderen seite der grenze, in cernobbio zu stillen trachten. wegen der unglaublich engen strassen, welche die navigation dorthin vorschlägt, steht schnell die frage im raum, ob das lokal das abenteuer der anfahrt lohnt. die "trattoria del glicine" - auf anderen wegen viel einfacher erreichbar - hält dem erwartungsdruck aber mehr als stand. davides empfehlung (ti ringrazio, amico!) verwöhnt uns mit entspannter atmosphäre, wunderschönem ambiente, hervorragender küchenqualität, unkomplizierter herzlichkeit des personals und einem angenehmen wohlgefühl beim abschied. nicht ganz umsonst halten die trattoria eine gabel und der kredenzte "canayli" vermentino di gallura zwei gläser im gambero rosso.

nach dem check-in im albergo san giuseppe in cernobbio bleibt zeit für ein stürmische überfahrt mit dem boot nach como und für einen ersten bummel. eigenartigerweise landen wir auch hier relativ schnell in der "enoteca da gigi", um dem 'shopping-virus' so mancher begleiterinnen und begleiter bei einem gläschen ein schnippchen zu schlagen.

so aperitiv-mässig gestärkt lässt sich auch die zeit bis zum abendessen überdauern. als kontrastprogramm zum mittagessen erwartet uns das "ristorante valverde" in cernobbio mit neonlicht, dicht gestellten und voll besetzten tischen, hallendem lärm, gestressten kellnern und laminierten speisekarten als authentisch italienisches vorstadtlokal. geschmack bleibt bekanntlich geschmackssache, aber die fischlastigen antipasti und den gegrillten fisch bekommen die beiden sizilianischen brüder und restaurantbetreiber wieder hervorragend hin.

am nächsten tag mailand. der vorteil des wiederholten besuchs bringt eine entspannte annäherung an den domplatz und dessen sehenswürdigkeiten mit sich. das interesse unserer kleinen runde fokussiert sich diesmal auf das "ristorante giacomo arengario" im museo del novecento. von dort oben geniesst man neben feiner pasta zum mittagessen einen hervorragenden blick auf dom, galleria vittorio emanuele II. und zwei 'ausrangierte models' (befund der weiblichen gesellschaft) am nachbartisch.

dass der campari soda in der bar zucca in galleria bei grösserer füllmenge und spitzenqualität mit crushed eis und feinperligem soda günstiger ist als in der feldkircher marktgasse sorgt für angenehme überraschung.

weitestgehend immunisiert gegenüber dem samstäglichen kollektiven einkaufsrausch in mailand verfolgen wir mit einigem interesse das irrwitzige geschehen vor der in europa zweiten filiale von 'abercrombie & fitch'. während in den usa das modeunternehmen mit den parfümierten und abgedunkelten verkaufslokalen in jeder halbwegs ernsthaften shopping mall zu finden ist, setzt man in europa auf verknappung gegenüber der "zielgruppe von körperbewussten und finanziell-potenten jugendlichen (sic!) und jungen erwachsenen". in völliger pervertierung des marktgeschehens stellen sich milanesi und touristen in einer unglaublich langen schlange vor dem geschäft an, um im schummrigen licht für getragen aussehende kleidung die kreditkarten zu verbrennen und sich beim ausgang mit einem adonis mit nacktem oberkörper fotografieren zu lassen. wer's nicht selbst sieht, vermag es kaum zu glauben.

der drohenden konsum-überforderung im kaufhaus rinascente samt erster sichtung von weihnachtsschmuck begegnen wir mit konsum auf anderer ebene: mit einem americano zum sonnenuntergang in der "bar obika" auf der dachterrasse mit spektakulärer aussicht auf den benachbarten dom.

von dort ist es zum glück nicht mehr weit bis zum geschichtsträchtigen "ristorante bagutta" in der gleichnamigen strasse im goldenen mode-dreieck rund um die via montenapoleone: schöne menschen, die in schöner umgebung einen schönen abend geniessen wollen, bevölkern das lokal, als wir nordlichter mit dem essen schon durch sind und den letzten zug nach como erreichen müssen. weniger schön.

nach zwei nächten in italien erfährt diese angenehme wärme der südlichen lebensart bei der rückfahrt über den san bernardino wieder erhebliche abkühlung. am nordportal empfängt uns schnee, glücklicherweise kombiniert mit sonnenschein. somit stellt sich bei der pause auf der terrasse des hotels bodenwald in splügen zumindest ein gefühl ähnlich wie beim frühjahrsskilauf ein.