Sonntag, November 22, 2009

auf knapper fläche italienisch geniessen

feldkirchs historische innenstadt scheint wie gemacht für geschäfte und lokale im kleinstformat, die durch interessante innenarchitektur und ladenbaueinrichtung auf äusserst knapper fläche zu tollen lösungen führen: nach der wallpaper-erwähnten espressobar unterberger und der eigentlich logischen verquickung von buch und wein im cervantes startet nun das bengodi als feinkostlokal. alleine die konstruktion der sitzbänke ist schon sehenswert, aber auch an der bar schmeckt der espresso aus der torrefazione caffé new york in pistoia ganz hervorragend.

in jeder lebenssituation rhythmus hören


rhythmus!
Originally uploaded by herwig.daemon.
ganz rio de janeiro ist rhythmus. in allen möglichen und unmöglichen lebenssituationen, in jedem lokal, live in der bahn zum corcovado, kochend-heiss in der cidade do samba und auch dort, wo man das talent gar nicht vermuten würde: der taxifahrer klopft mit fingerknöcheln und handflächen bei jeder rotphase an der ampel einen mitreissenden samba auf das staubige armaturenbrett seines vw santana aus den frühen 80er jahren, wodurch der unbegabte europäer am rücksitz vor scham noch blasser als ohnehin schon wird.

sich gelassen bewegen

t-shirt, shorts und havaianas. diese brasilianische uniform an den strandpromenaden von ipanema und copacabana bremst den reisenden europäer ganz automatisch auf die lokale geschwindigkeit und den aufrechten, aber gelassenen schritt herunter. denn der neuling hat noch mühe mit den strandsandalen, die in ungeahnter farblicher vielfalt an den füssen der cariocas flippen und floppen und die der ungeübte erst mit grossen mengen an geschmeidiger sonnencreme blasenfrei eingehen muss. solchermassen zwangsläufig entspannt und zu pausen gezwungen schmecken agua de coco und globo salgadas an einem der unzähligen strandkioske noch besser.

leblon, flamengo und lapa mit einheimischen erleben und geniessen

leblon gilt als der noblere stadtteil rio de janeiros und so reihen sich in der gepflegten rua dias ferreira lokale mit gehobenem anspruch aneinander. rio-puristen rümpfen hier wegen der eher internationalen ausrichtung der restaurants die nase. aber mein brasilianischer begleiter wählt mit dem "zuka" ein lokal, das in der anmutung zwar auch in chicago, barcelona oder mailand zu finden sein könnte, aber dennoch heimisches in moderner interpretation auf den tisch bringt: 'ceviche, bacalhau und filé mignon' locken auf der karte. hinterher ist in dieser gegend der notwendige verdauungsspaziergang problemlos möglich.

ein kühler schoppen bier bei dieser abendlichen hitze? kein problem im älteren stadtteil flamengo, wo das flüssige erbe der deutschen einwanderer in abgewandelter schreibweise im "armazem do chopp"(!) hochgehalten wird. kein tourist weit und breit, als ich mit meinem beinahe-schon-einheimischen verwandten einen platz auf der terrasse dieses gesteckt vollen lokals ergattere. flamengo pulsiert am freitag abends im takt des echten rio. bei einer immens grossen portion contra filé à gaúcha (für die detailverliebten: mit batata frita, farofa, arroz e lingüiça) und einem steten nachschub an eiskaltem, offenen bier erläutert mir reinhard die soziale topografie der stadt, den alltag in einem mini-appartment in einem der typischen, riesigen wohnblocks, die schnelle begeisterung der verantwortlichen und der cariocas für alles grossartige (fussball-wm, olympische spiele) und das kollektive schulterzucken darüber, wie all das grossartige realität werden soll.

nach dem abendessen verlasse ich erstmals die transportwelt der myriaden von taxis in rio, die ich in stundenlangen fahrten zwischen barra und der 'zona sul' ausreichend kennen lerne. per bus geht es weiter richtung norden nach lapa. der öffentliche verkehr mit bussen, erfahre ich, wirkt auf den ersten blick chaotisch (ja!) funktioniert aber zuverlässig und ist sowohl sicher als auch kostengünstig. für den rest des abends versagt die nachträgliche beschreibung weitestgehend: letztendlich füllt sich das gesamte viertel rund um die arcos da lapa mit einer organischen menschenmasse, die im rythmus von trommeln, samba aus den lokalen, live-performances in den clubs oder beschallung aus musikanlagen wogt, wippt und tanzt.im traditionellen "clube dos democraticos", dessen historische gemäuer alleine schon einen besuch wert sind, spielt die musik im wortwörtlichen sinn und der balkon bietet neben abkühlung vom schwül-heissen tanzgeschehen auch blicke auf das nächtliche oder vielmehr frühmorgendliche strassenleben von rio. als gäbe es kein morgen.

rio bei regen bereisen und erleben


regen in rio
Originally uploaded by herwig.daemon.
im grunde genommen ist es völlig egal, ob es draussen regnet, stürmt oder ob die sonne strahlt, denn die veranstaltung im windsor barra hotel am endlos langen strand von barra zwingt die teilnehmer ohnehin in kongressräume ohne tageslicht. so bleibt es einige zeit beinahe unbemerkt, dass rio de janeiro seit 14 tagen immer wieder reichlich regen abbekommt und die cariocas wegen des ungewöhnlich schlechten wetters schon leichte depressionen erleiden. erst abends, wenn die kongressgesellschaft per bus vom 16 kilometer ausserhalb gelegenen barra in einer mehr als einstündigen staufahrt ins zentrum von rio gekarrt wird, zeigt sich das ganz und gar nicht klischeekonforme wetter.

beim empfang des bürgermeisters von rio im 'palácio da cidade' in botafogo prasselt der regen in den innenhof, während in den eklektizistischen hallen bei bossa nova im hintergrund eilfertige kellnerinnen caipirinhas der flotteren gangart und einen hauch von kolonialer atmosphäre servieren.

dass der heftige regen erst am ende der samba-parade in der 'cidade do samba' einsetzt, dient wohl der abkühlung nach einer durchaus hitzigen vorführung, die passenderweise den titel "kräfte der natur" trägt. manch männliche natur, die von besagten kräften der natur in form von baterias, tänzerinnen und sambarhythmen in wallung kam, kann die erfrischende dusche gut brauchen.

zumindest am freien tag zeigt sich endlich auch die sonne und am strand von copacabana lässt sich rasch erahnen, welcher betrieb an 'normalen', wirklich sonnigen tagen hier herrschen muss. voreilig jedoch, wer denkt, dass der grandiose ausblick vom corcovado nun ungetrübt sein müsse. während bei der ruckeligen fahrt mit der kuriosen bahn durch den nationalpark-urwald(!) hinauf auf den 'buckligen' die sonne scheint, hüllt sich oben am gipfel christus der erlöser in dichtesten nebel. nach einer stunde im schwülen nebeldampf der tropen schwindet die geduld endgültig. ich muss ohne postkartenansicht abreisen und dieses erlebnis für ein allfälliges nächstes mal (???) aufheben.

eine links ausgerichtete schweiz erleben

die schweiz wählt rechts und fährt links. was generalisierend klingt, äussert sich zumindest bezüglich der fahrspurvorlieben in der täglichen praxis auf den autobahnen der eidgenossenschaft. mit knapp unter den erlaubten 120 km/h am tacho bevölkern die vorausschauenden helvetier bereits kilometer vor dem potenziellen hindernis ("camion", "car" --- also lkw oder reisebus) die überholspur. dort reihen sich die fahrzeuge jener, die grundsätzlich 'obacht geben', in auffahrverdächtigen minimalabständen aneinander. der blecherne tatzelwurm kriecht zwischen zürich und st. gallen an ungefähr drei fahrzeugen, die beinahe exklusiv über die rechte fahrspur verfügen, vorbei. als österreichischer fahrzeuglenker unter schweizer flagge ist man in einem inneren konflikt: sich gottergeben in die bis zum ostschweizer horizont reichende kolonne einpassen oder das feld mit rechts-links-rechts spurwechseln irritieren und die verbannung aus dem milch-und-schoggi-paradies riskieren?

verstecktes erleben

wer's findet, wird selig. reichlich unscheinbar verbirgt sich am schiffbauerdamm in berlin hinter einer tür ohne jegliche beschriftung das "tausend". die zuerst skeptischen begleiter erstaunen nach dem durchschreiten dieses getarnten portals über die spannend gestaltete gewölbewelt, die sich dahinter verbirgt. gepflegte musik in einer angenehmen lautstärke, die auch unterhaltung ohne hörschäden und verständigungsprobleme erlaubt, eine breite palette an 'erwachsenen' getränken und das unbestimmte gefühl, diesen schatz nicht mit den youngsters teilen zu müssen ziehen ein publikum der eher reiferen jahrgänge an. die zufällige entdeckung vom letzten berlin-besuch überzeugt auch die anfänglichen skeptiker und ein 'enheimischer' bekannter kann es fast nicht fassen, dass nun auch ausserirdische dieses berliner geheimnis für sich entdecken.

bewährt und autentico geniessen

nach dem erlebnis beim letzten besuch vor zwei jahren ist der wiederholungstäter vorbereitet: grosse scheine sitzen in der geldbörse, um die rechnung für das erwartungsgemäss hervorragende abendessen mit einer gruppe von kolleginnen und kollegen per barschaft zu begleichen. aber siehe da, überraschenderweise halten die (ec-)karten auch in der "trattoria totó" in berlin einzug. das feine essen ist ohnehin schon dort.

weil das lokal tatsächlich unverfälscht italienisch ist, kommen die antipasti und desserts jeweils in grossen platten für alle auf den tisch, der 'native' kellner hat sichtlich freude, über die vorzüge eines filetto di cavallo gegenüber einem filetto di manzo zu philosophieren und am schluss ist il conto für die leistung mehr als angemessen.